Die Freuden des schrankenlosen Schreibens



 

Hach – der erste eigene Blog! Endlich! Da schreibe, pardon, texte ich doch schon so lange und habe es nie geschafft, mir einen eigenen Blog einzurichten. Missstand behoben. Und um nach vielen Jahren ausschließlicher Gebrauchstexterei meinen kreativen Schreibfluss ein wenig anzukurbeln, habe ich vor kurzem an einem kleinen, kreativen Schreibworkshop teilgenommen. Mein erster überhaupt, und eine sehr interessante, sehr positive Erfahrung, die ich allen Schreibinteressierten nur empfehlen kann.

 

Bei der Methode des „Gateless Writing“ kommt man erst einmal mit einer Eingangsmeditation zu ruhiger Klaviermusik bei sich an und schaltet störende Einflüsse aus dem Außen ab (juhu, Yoga!). Dann erhält man einen Schreibimpuls – ein Thema, ein Wort, zu dem man anschließend in 15 Minuten das aufschreiben soll, was einem einfällt. Und zwar einfach drauf los – ohne groß darüber nachzudenken oder es zu zer-denken.

 

Unser Schreibimpuls an diesem Tag lautete: Schreibe etwas über einen Gegenstand, der dir früher mal wichtig war. Und siehe da – der Impuls war kaum ausgesprochen, da hatte ich schon die Erinnerung im Kopf. Die Erinnerung an einen Gegenstand, an den ich sicher 30 Jahre lang nicht mehr gedacht hatte. Ein kleines, eigentlich völlig unwichtiges Detail aus meinem vergangenen Leben, das durch einen Impuls plötzlich wieder in meinem Kopf aufploppte und mich tatsächlich ins Schreiben brachte.

 

Ich war ungefähr 13 und hatte einen leichten Hang zum Aberglauben, als ich beschloss, dass ich von nun an einen Talisman bräuchte. Einen Talisman, den ich immer dabei haben würde, damit er mir Glück bringen solle. Warum meine Wahl gerade auf den Gegenstand fiel, der es dann wurde, und woher dieser Gegenstand überhaupt stammte, das entzieht sich mittlerweile meiner Erinnerung. Ich weiß aber noch genau, was es war: Eine kleine Kugel, wie eine kleine, goldene Murmel, die ich von da an eine lange Zeit immer mit mir herumtrug. Warum ich mich daran noch so gut erinnere? Nun – ich hatte die Kugel nicht etwa in der Tasche oder als Anhänger um den Hals; sondern ich klemmte sie mir zwischen Ring- und Zeigefinger meiner Hand, ich glaube, der rechten. Da klemmte sie bestimmt mehrere Monate lang mehr oder weniger ununterbrochen und wurde nur beiseite gelegt, wenn ich schlief oder die Hand so benutzen musste, dass die Kugel aus ihrer Klemme herausfallen würde. Ich war mir sicher, dass alles Gute, was mir in dieser Zeit wiederfuhr, nur mit meiner kleinen Glückskugel zu tun haben konnte. Auch meine Freundinnen wussten, wie wichtig mir mein Talisman war.

 

Allerdings hatte die Kugelklemmhaltung eine Folge: Die Stelle zwischen meinem Ring- und Zeigefinger wurde irgendwann  dauerhaft wund. Zuerst hielt mich das nicht davon ab, meinen Talisman weiter mit mir herumzutragen; was war schon eine kleine wunde Stelle gegen das Glück, das mir mein Kügelchen bescherte! Doch irgendwann – vermutlich, als ich das etwas weisere Alter von 14 Jahren erreicht hatte, erkannte ich, dass mein Glück nicht von einem äußeren Gegenstand abhing, löste das Kügelchen aus  dem Klammergriff und heilte die wunde Stelle zwischen meinen Fingern erst einmal aus. Glück hatte ich  danach trotzdem noch dann und wann – aber eine Zeitlang war meine kleine Glückskugel für mich der wichtigste Gegenstand auf Erden.

 

Erstaunlich, was man in einer Schreibzeit von nur 15 Minuten zustande bringt, wenn man sich nicht von bremsenden Gedanken beim Schreiben beirren lässt. Ich bin normalerweise eine pedantische Schreiberin und prüfe jeden Text mehrfach, bevor ich ihn freigebe. Das war hier in der gegebenen Viertelstunde natürlich nicht möglich – aber umso befreiender. Einfach mal fließen lassen und den eigenen Kritiker stummschalten; übrigens auf viele andere Lebensbereiche übertragbar.

 

Der anschließende Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen zeigte, dass jeder Text seine ganz eigenen Stärken hatte. Der eine war literarischer, der andere atmosphärischer und so weiter. Wir hatten vorab vereinbart, keine negative Kritik an den vorgetragenen Texten zu äußern, aber auch wenn das nicht die Vorgabe gewesen wäre – es gab einfach nichts zu kritisieren. Dass man in 15 Minuten keine abgeschlossene, durchgeplottete Geschichte schreiben kann, ist klar. Aber was man dabei aufs Papier bringt, kann ein Anfang sein, etwas, das man später weiter ausarbeiten kann. Und es war in allen Fällen unterhaltsam, berührend, stimmungsvoll und inspirierend – und für mich eine gute Übung, um einfach mal wieder ins kreative Schreiben zu kommen und mich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

 

Wem das jetzt auch Lust auf einen kreativen Schreibworkshop gemacht hat, dem möchte ich ans Herz legen, sich auf der Seite der Schreibtrainerin Christine Kämmer www.christinekaemmer.com umzusehen. Für mich war der Workshop bei ihr jedenfalls sicher nicht der Letzte. Und falls du auch schon einmal bei einem Schreibworkshop mitgemacht hast, erzähl mir doch in einem Kommentar davon.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Susanne (Sonntag, 30 Januar 2022 12:28)

    Liebe Silke,
    ich war bei diesem Schreib-Workshop auch dabei und war genau so begeistert wie du. Immer wieder bin ich überrascht, wie schnell eine Geschichte entsteh, wenn ich meiner Füllfeder freien Lauf lasse. Und deine Geschichte habe ich mir auch wirklich gemerkt. Großartig.
    Liebe Grüße aus Wien
    Susanne